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Hast du richtig Lust aus dem Sommerurlaub tiefenentspannt wieder zu kommen um im Büro direkt 3 Millionen Mails zu lesen und beantworten zu müssen?

Es gibt solche und solche Unternehmen. Ich habe mal in solch einem Unternehmen, in dem gerne Mails geschrieben werden gearbeitet. Da geht es mal um wichtige Dinge wie Werbeaktionen, bei denen der gewählte Verteiler mehr Einträge hat als das Telefonbuch von Düsseldorf. Und dann gibt es auch wiederum solche Mails, in denen jemand seine Bärchen-Tasse aus der Kaffeeküche sucht.

Ich habe es immer als immensen Stress empfunden aus dem Urlaub wieder zu kommen und meinen Email-Berg im Postfach abarbeiten zu müssen. Drei Wochen Urlaub am Strand mit lauen Sommernächten, viel Wein und Entspannung pur konnten als Erholung in weniger als fünf Minuten beim Blick in mein Postfach aufgebraucht sein. Geht es dir auch so?

Tagelanges Durcharbeiten der Mails

Oft kam ich aus meinem Urlaub wieder und konnte mich über 2.000 und mehr Mails freuen, die ich nun alle durcharbeiten durfte. Grauenhaft! Versteh mich nicht falsch, ich habe viel Spaß an meinem Job. Aber diese Emailiritis raubt mir den Verstand. Also setzte ich mich vor meinen Posteingang und find an auszusortieren. Die Bärchen-Becher-Mail und ähnlich interessante Auswüchse der Kommunikation landeten sofort im Papierkorb und die ein oder andere irrelevante Systemmeldung ebenfalls, aber es blieben doch noch sehr viele Mails über.

Ich erinnere mich an einen Urlaub, den ich anlässlich der Geburt meines Sohnes machte. Im Januar, dort wo im Einzelhandel absolute Flaute ist. Nach meinem Urlaub arbeitete ich die Mails durch und kam auf die stolze Summe von über 190 Mails, die ich bearbeiten musste. Oder besser gesagt: ich war der Meinung sie bearbeiten zu müssen. Es war Ende Januar als ich damit anfing. Natürlich waren viele Dinge bereits abgeschlossen und auf meine Nachfrage bekam ich nur einen freundlichen Verweis auf den Status. Den hätte ich nämlich nach drei Wochen Urlaub auch später selbst „erlesen“, hätte ich alle Mails durchgearbeitet. Und so reduzierten sich die zu bearbeitenden Mails nach und nach auf 90. Und wie der Outlook-Lehrschüler das halt so macht, bekamen die alle ein rotes Fähnchen. Man war ja wichtig und konnte damit prahlen.Nervenaufreibende Zeit mit 90 Mails.

An der Stelle möchte ich die Story ein wenig abkürzen. Es hat mich viel Zeit und vor allem viele Nerven gekostet alle 90 verbleibenden Mails aus meinem Urlaub abzuarbeiten und letztlich auch abzuschließen. Ende März war es dann so weit, dass ich bei 0 war. Kritisch habe ich versucht heraus zu finden, was zu diesem Desaster geführt hat.

Klar, ich war bescheiden organisiert. Wie sonst konnte so etwas passieren. Als besonders schlimm empfand ich diese Tatsache, da ich eigentlich echt gut organisiert war bis dato. Nun ja, ich wollte so etwas nie wieder erleben, aber wer konnte mir helfen? Mut zur Selbsthilfe war im ersten Moment meine Devise, da ich mich mit dieser bescheidenen Leistung nicht ans Tageslicht des Kollegiums traute. Ich erinnerte mich an die Vier-Stunden-Woche von Tim Ferrys, eines meiner Lieblingsbücher. Und mit dem damals aktuellen Stand meiner Schlechtleistung las ich es erneut; insgesamt war es das vierte Mal.

Besonders in den Fokus rückten dabei der Begriff und die Definition von Tim zur „selektiven Ignoranz“. Wer das Buch kennt weiß, dass Tim seine Mails nur noch für eine Stunde montags bearbeitet. Und alles was er in der einen Stunde nicht schafft wird dann vielleicht beim nächsten Mal beantwortet. Krass! Wie sollte ich das schaffen?

„Selektive Ignoranz“ in der Umsetzung

Sehr schnell habe ich erkannt, dass ich nicht in der Lage war zu delegieren. Das hatte diverse Gründe, vor allem aber war es mein Ego. Ich wollte, konnte und sollte nirgends aus der Kommunikation ausgelassen werden, damit ich nie das Gefühl hatte außen vor zu sein. Das sorgt natürlich für einen riesigen Kommunikationsstrom, der bewältigt werden musste.

Also scannte ich meinen Emaileingang und bewertete im ersten Durchgang nur, ob mich die erhaltene Information bis dato JEMALS interessiert oder mir weitergeholfen hat. Dem Eisenhower-Prinzip nach waren das die Mails, die weder wichtig noch dringend waren. Sofern ich konnte trug ich mich aus den Verteilern aus oder löschte die Mails per Regel automatisch.

Und auch alle anderen Mails bekamen einen Status von mir, den man aus dem Eisenhower-Prinzip ableiten kann. Für mich bleib am Ende nur noch der Status „wichtig und dringend“ zur Bearbeitung. Was aber sollte mit diesen Mails passieren, wenn ich das nächste Mal in den Urlaub ging? Hier erinnerte ich mich als Lösung an einen potthässlichen Glas-Quader auf dem Tisch meines ersten Chefs. Dort stand drauf „Delegiere mutig“ und zumindest während meiner Zeit hat er es nie verstanden, was damit gemeint war. Ich aber wollte anders sein.Vorbereitung auf den nächsten Urlaub.

Und so bereitete ich mich auf den nächsten Urlaub, übrigens im Sommer des letzten Jahres, vor. Etwa ein bis zwei Wochen vor meinem Urlaub begann ich sowohl meine Kollegen als auch meine Mitarbeiter in die wichtigen Dinge einzubeziehen. Oder ganz anders gesagt: ich plante mich selbst aus den Projekten aus, in denen ich eine Rolle spielte. Das konnte einerseits darüber passieren, dass ich meinen Urlaub avisierte und die Termine verschoben wurden oder aber Themen auf die Agenda kamen, mit denen ich keinerlei Berührungspunkte hatten.

Mein Tagesgeschäft übergab ich komplett einem Kollegen. Es bestand daraus die eingehenden Rechnungen zu kontieren und freizugeben. Mehr war es nicht mehr. Natürlich verwies ich im Abwesenheitsagenten darauf, dass Anliegen bei meinem Kollegen platziert werden können und er diese vollständig und vor allem eigenständig bearbeiten kann.

Eine Übersicht mit den Schichtzeiten meiner Mitarbeiter und vertretenden Kollegen waren auf Tagesbasis lies ich meinem Chef zu kommen. Ganz unten vor der Verabschiedung in der Mail verwies ich meine private Handynummer, die er wählen kann, wenn keiner der vorstehenden Kollegen weiter helfen konnte.

Und dann passierte: NICHTS!

Nach meinem Urlaub war ich sehr gespannt, was denn passieren würde. Ich nahm mein Herz in die Hand und blockte mir im Kalender drei Termine am ersten Tag. Gleich zu Beginn lies ich mir von meinem Kollegen eine 5-minütige Zusammenfassung der Wochen geben, in denen ich gefehlt habe. Zwei Dinge betrafen mich wirklich, waren aber nur „nice to know“, weil der Kollege sie bereits umgesetzt hatte. Der zweite Termin war bei meinem Mitarbeiter, den ich ähnlich ausfragte und mich auf Besonderheiten hinweisen lies. Aber auch hier gab es kein To Do.

Der letzte und dritte Termin war dann meine Meldung bei meinem Chef darüber, dass ich wieder da bin. Eine kurze Abstimmung und ich wusste sofort was wichtig war.

Und dann öffnete ich meinen Mail-Account und löschte alle Mails, außer die der drei Personen. Die schaute ich mir einmal genauer an und machte aus den Mails einen Termin, bei denen ich noch etwas zu tun hatte. Das war genau eine Mail. Alle anderen Mails konnte ich löschen oder wegsortieren.

  • So geschah es, dass ich bereits am frühen Mittag
  • Vollständig im Bild war über die relevanten Ereignisse während meiner Urlaubszeit
  • Meinen Posteingang im Mail Fach komplett bearbeitet hatte
  • Die verbleibende Zeit des Tages operativ sinnvoll einsetzen konnte

Ich kann nicht jedem empfehlen seine Mails alle nach dem Urlaub zu löschen. Du solltest aber den Fokus darauf legen, genau das machen zu können. Mach dich ersetzbar für die Zeit und betraue deine Kollegen mit den Aufgaben, anstatt sie nur notieren zu lassen. Dinge und Entscheidungen, die deren Kompetenz überschreiten, gibst du an deinen Vorgesetzen zurück für die Zeit. Und alles das, was über bleibt ist sowie so irrelevant und kann in den Müll.

Je mehr wir anderen vertrauen desto einfacher wird es uns fallen den Urlaub zu genießen und nicht an die Mail Flut am ersten Arbeitstag zu denken. Wenn du das Umsetzen kannst, wirst du am ersten Tag nach deinem Urlaub auch einfach alle Mails löschen können. Viel Spaß dabei und trau dich einfach – denn es wird nichts passieren!


Foto von Andrew Neel auf Unsplash

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